Essstörungen

Was ist eine Essstörung?

Essstörungen sind psychosomatische Erkrankungen. Zu beobachten ist häufig ein auffälliges, ungewöhnliches Essverhalten und eine intensive, kritische Beschäftigung mit dem Körper und dem Körpergewicht. Ein geringes Selbstwertgefühl, ein hoher Perfektionsanspruch und ein starkes Kontrollbedürfnis können bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Essstörung eine wichtige Rolle spielen.

 

Die Entstehung einer Essstörung unterliegt vielen Einflüssen. Sie kann in den meisten Fällen als Ausdruck für seelische Probleme betrachtet werden. Gerade in belasteten Lebenssituationen dient sie oft als Bewältigungsstrategie, um unangenehme Spannungszustände auszugleichen.

 

Essstörungen können in allen sozialen Zusammenhängen auftreten unabhängig von Alter und Geschlecht. Besonders zahlreich sind Mädchen, Frauen, nicht-binäre und trans* Personen von Essstörungen betroffen. Dies lässt auch auf den Zusammenhang zu strukturellen Lebensbedingungen schließen. So können unter anderem ein einseitiges Schönheits- und Schlankheitsideal und überfordernde Leistungsideale den Nährboden für die Entwicklung einer Essstörung bieten.

 

Es lassen sich zu einer ersten Orientierung drei Grundformen von Essstörungen unterscheiden: Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht), und Binge-Eating-Störung (Esssucht). Die Erscheinungsbilder lassen sich nicht immer eindeutig voneinander abgrenzen. Inzwischen gibt auch es eine Reihe besonderer Ausformungen, die sogenannten „nicht näher bezeichneten Essstörungen“.

 

Im Zusammenhang mit Essstörungen wird auch häufig Adipositas genannt. Adipositas bezeichnet starkes Übergewicht und ist im eigentlichen Sinne keine Essstörung. Allerdings finden sich auch bei Adipositas kompensatorische Faktoren für psychischer Belastungen. Daher sind die Grenzen zu einer Binge-Eating-Störung fließend.

 

ARTEN VON ESSSTÖRUNGEN

Betroffene essen über einen längeren Zeitraum nur minimale oder sehr reduzierte Mengen ausgewählter Lebensmittel. Eine sichtbare Folge kann ein starker Gewichtsverlust sein. Damit einher gehen häufig sozialer Rückzug, gesteigertes Leistungsstreben und eine Fixierung auf sehr eingeengte Gedanken- und Themenkreise. Trotz ihres zum Teil lebensgefährlichen Untergewichts empfinden sich die Betroffenen als zu dick. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers ist stark verzerrt. Die häufigen Folgeerscheinungen der Mangelernährung wie Müdigkeit, ständiges Frieren, Erschöpfungszustände und quälende Hungergefühle werden ignoriert.

 

Merkmale der Anorexie:

  • Der BMI liegt häufig unter 17,5.
  • Das Untergewicht wird durch Hungern, übermäßige Bewegung, Medikamentenmissbrauch (z.B. Abführmittel) oder Erbrechen gehalten.
  • Die Gedanken kreisen ständig um Essen, Gewicht und Figur.
  • Die Angst vor einer Gewichtszunahme ist sehr groß.
  • Der eigene Körper wird verzerrt wahrgenommen und permanent als zu dick empfunden.
  • Es besteht ein hoher Anspruch, in allen Lebensbereichen perfekte Leistungen zu erbringen.
  • Eine deutliche Hyperaktivität ist zu beobachten.
  • Bei Frauen bleibt häufig die Monatsblutung aus.
  • Bei Männern treten Potenzstörungen auf.

Menschen mit Bulimie haben über einen längeren Zeitraum immer wieder unkontrollierbare Essanfälle. Sie nehmen große Mengen an Nahrung zu sich, ohne dieses Verhalten willentlich stoppen zu können. Um nicht an Gewicht zuzunehmen, wird nach dem Essanfall erbrochen oder zu anderen regulierenden Maßnahmen gegriffen. Auch eine übermäßige körperliche Betätigung wird kompensatorisch eingesetzt. Die bulimischen Episoden werden oft begleitet von starken Scham- und Schuldgefühlen und passieren in der Regel heimlich.

 

 

Merkmale der Bulimie:

  • Es erfolgt mindestens eine Essattacke in der Woche über einen Zeitraum von über drei Monaten.
  • Innerhalb kurzer Zeit werden große Mengen von leicht essbaren und kalorienreichen Lebensmitteln verschlungen.
  • Erbrechen, übermäßiger Sport, Abführmittelkonsum oder strenge Diäten werden eingesetzt, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden.
  • Während der Essanfälle besteht das Gefühl, dem Drang zu essen ausgeliefert zu sein und die Kontrolle verloren zu haben.
  • Die Gedanken kreisen permanent um Aussehen, Figur und Gewicht.
  • Es besteht eine große Angst davor, dick zu werden.
  • Das persönliche Wunschgewicht ist meistens sehr niedrig festgelegt.

Ebenso wie die Bulimie ist auch die Binge-Eating-Störung durch regelmäßig auftretende Essanfälle gekennzeichnet. Allerdings wirken die Betroffenen anschließend nicht einer Gewichtszunahme entgegen und sind folglich oft übergewichtig. Auch in symptomfreien Phasen ist das Essverhalten auffällig, da es gekennzeichnet ist von strengen Diäten oder Fastenzeiten. Die Essanfälle werden als sehr belastend empfunden und führen zu Scham- und Schuldgefühlen. Die Essanfälle können auch vorrangig nachts auftreten und werden dann als Night-Eating-Syndrom bezeichnet.

 

Merkmale der Binge-Eating-Störung:

  • Es erfolgt mindestens eine Essattacke in der Woche über einen Zeitraum von über drei Monaten.
  • Nach dem Essanfall werden keine Maßnahmen ergriffen, um die hohe Kalorienzufuhr auszugleichen.
  • Der Essanfall wird als ein starker Kontrollverlust erlebt und hinterlässt Gefühlszustände von Ohnmacht, Verzweiflung und Angst.
  • Bewegung und sportliche Aktivitäten werden häufig mit Misserfolgen verbunden und daher vermieden.
  • Das natürliche Gefühl für Hunger und Sättigung geht verloren.
  • Bei Menschen mit einer Binge-Eating-Störung werden häufig Depressionen und Angsterkrankungen diagnostiziert.
  • Die Binge-Eating-Störung geht in vielen Fällen mit Adipositas einher.

Adipositas ist eine chronische Erkrankung. Menschen mit Adipositas haben ein Körpergewicht, das den Bereich des Normalgewichts überschreitet. Dieser Zustand wird durch eine langanhaltende übermäßige Energiezufuhr in Form von Lebensmitteln und Getränken bei nicht ausgleichender körperlicher Betätigung erhalten. Aufgrund fehlender Kenntnisse über eine ausgewogene Ernährung und eine unterstützende Esskultur misslingt ein erfolgreiches Gewichtsmanagement. Häufig wird die Erkrankung vorrangig als medizinisches Problem dargestellt. Die psychosozialen Auswirkungen von chronifizierter Adipositas bleiben oft unberücksichtigt.

 

Merkmale der Adipositas:

  • Lebensmittel und zumeist gesüßte Getränke werden in großen Mengen konsumiert.
  • Mangelnde Fähigkeiten, sich gesund zu ernähren sind zu beobachten.
  • Eine hohe Krankheitsbelastung auf der körperlichen Ebene stellt sich längerfristig ein.
  • Menschen mit Adipositas bewegen sich in der Regel wenig und zeigen einen inaktiven Lebensstil
  • Menschen mit starker Adipositas können nur noch eingeschränkt am öffentlichen Leben teilhaben.
  • Ein hoher Leidensdruck und ein geringes Selbstwertgefühl sind zu beobachten.
  • Es fällt schwer, eine verlässliche Essstruktur in den Alltag zu integrieren.
  • Starkes Übergewicht geht oft mit einer gesellschaftlichen Stigmatisierung einher.

 

Tests für betroffene und Angehörige

Wenn Sie bei sich eine Essstörung vermuten, beantworten Sie für sich die folgenden Fragen: 

 

  1. Drehen sich Ihre Gedanken häufig um Essen, Nichtessen, Figur, Gewicht?
  2. Fühlen Sie sich häufig unwohl mit Ihrem Körper und Gewicht?
  3. Haben Sie Gefühle, die für Sie schwer auszuhalten sind und antworten Sie darauf mit Essen bzw. Nichtessen?
  4. Machen sich Menschen in Ihrem Umfeld Sorgen um Sie und Ihr Essverhalten?
  5. Haben Sie große Angst zuzunehmen und zu dick zu werden?
  6. Haben Sie Essanfälle?
  7. Essen Sie manchmal heimlich?
  8. Ergreifen Sie Maßnahmen, um nicht zuzunehmen, wie z.B.: Kalorienzählen, Diäten, Erbrechen, exzessiver Sport, Abführmittel?
  9. Bemerken Sie körperliche Folgeerscheinungen, wie z.B.: Müdigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Haarausfall, Zahnschäden, ständiges Sodbrennen?
  10. Sind Sie stark über- oder untergewichtig?

 

Sie haben zwei Fragen mit ja beantwortet:

 

Es ist möglich, dass Sie an einer Essstörung leiden oder Gefahr laufen, eine Essstörung zu entwickeln. Essstörungen sind schwerwiegende, potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen. Nehmen Sie die Symptome ernst! Wenden Sie sich an uns oder an Ihre HausärztIn, um sich über Essstörungen zu informieren und medizinische Folgeschäden zu vermeiden.

 

Sie haben mehr als zwei Fragen mit ja beantwortet:

 

Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie an einer Essstörung leiden. Nehmen Sie die Symptome ernst, holen Sie sich Unterstützung! Wenden Sie sich gerne an uns.

 

Fühlen Sie sich angesprochen? Konnten Sie einige der Fragen mit ja beantworten?

 

Wünschen Sie sich eine Einschätzung der Situation durch uns oder mögen Sie über Ihre aktuellen Sorgen sprechen, dann holen Sie sich gerne kostenfrei und vertraulich Unterstützung bei uns im Fachzentrum.

Wenn Sie bei jemandem eine Essstörung vermuten, beantworten Sie für sich folgende Fragen:

 

  1. Haben Sie den Eindruck, die gemeinsamen Gespräche drehen sich häufig um die Themen „Essen, Figur und Gewicht“?
  2. Denken Sie, dass sich die Person in Ihrem Umfeld über ein normales Maß hinaus mit Essen beschäftigt?
  3. Nehmen Sie wahr, dass gemeinsame Mahlzeiten verstärkt gemieden werden oder aber dass nach dem Essen ein schneller Rückzug stattfindet?
  4. Konnten Sie feststellen, dass die- oder derjenige innerhalb kürzester Zeit extrem zugenommen oder an Gewicht verloren hat?
  5. Leidet die betroffene Person häufig unter Stimmungsschwankungen, wertet sich ab, ist kritisch mit sich selbst und kommt darüber schwer ins Gespräch?
  6. Haben Sie häufiger bemerkt, dass Lebensmittel aus Ihrem Haushalt verschwinden?
  7. Beobachten Sie, dass sich die- oder derjenige zunehmend aus sozialen Kontakten zurückzieht?
  8. Machen Sie sich Sorgen, dass diejenige oder derjenige zu viel Sport treibt?
  9. Sind Sie häufiger als sonst in Streit und Diskussionen verstrickt?
  10. Werden Sie angesprochen auf das Verhalten oder Aussehen der betroffenen Person? Gibt es andere, die sich Sorgen machen?

 

Fühlen Sie sich angesprochen? Konnten Sie einige der Fragen mit ja beantworten?

 

Wünschen Sie sich eine Einschätzung der Situation durch uns oder mögen Sie über Ihre aktuellen Sorgen sprechen, dann holen Sie sich gerne kostenfrei und vertraulich Unterstützung bei uns im Fachzentrum.